Mittwoch, 1. April 2015
Das wahre Leben eines Zwillings
" Sei doch froh, dass du eine Zwillingsschwester hast. Du bist nie alleine, hast immer jemanden an deiner Seite, der dich versteht und der so tickt wie du."

So etwas hört man immer, wenn man erzählt, dass man es leid ist, ein Zwilling zu sein.
Alleine schon der Name reicht, um mich zum glühen zu bringen.
Ich habe eine Zwillingsschwester, wurde zwei Minuten vor ihr, mit einem Kaiserschnitt, zur Welt gebracht und erzähle euch heute, wie es wirklich ist, Zwilling zu sein.

Schon im Säuglingsalter fängt es an, dass die Eltern einen mit seinem Zwilling vergleichen. Wieso kann die eine sich vorher umdrehen, als die andere? Wieso lächelt das eine Baby immerzu und das andere weint?

Zwillinge sind eigenständige Menschen. Ich denke nicht wie meine Schwester, ich fühle nicht wie meine Schwester und habe, bis auf unsere Herkunft, keine Gemeinsamkeiten mit ihr.
Sie ist das liebe Mädchen, dass in ihrer Freizeit backt, Tennis spielt und mit Freunden ins Kino geht. Sie gibt keine Wiederworte und macht stehts das, was ihr aufgetragen wird. Ich hingegen stelle alles in Frage, egal, um was es sich handelt. Ich lese gerne, schreibe gerne, aber ich gehe auch gerne mit meinen Freunden aus: feiern.

Meine Schwester ist zielstrebiger, wenn es darum geht, gute Schulnoten zu schreiben. Alleine das führt immer wieder zu Komplikationen.
Wieso kann ich nicht so sein, wie sie? Wieso fällt lernen mir nicht so leicht? Das müsste es doch, wir sind immerhin Zwillinge!
Nein, das müsste es nicht. Ich kenne mich weder mit den genetischen Veranlagungen von Zwillingen, noch weiß ich großartig über ander Zwillingspaare bescheid, ich beschreibe alles also so, wie ich es wahrnehme.

Als Zwilling hat man nichts für sich. Früh fängt es an, dass man sich Spielsachen teilen muss. Wenn beide sich einen Nintendo wünschen, muss man ja nur einen schenken, die beiden sind ja Zwillinge und können sich den teilen. Immer, wenn man sich etwas wünscht, kommt zuerst die Frage "Hat deine Schwester das nicht schon?" oder "Wünscht ihr euch das nicht beide?"
Selbst wenn, man möchte doch nicht das ganze Leben etwas teilen. Wenn es sich nur um Gegenstände handeln würde, wäre das ja noch in Ordnung, aber einer von beiden muss immer zurückstecken, auch beim Freundeskreis.

Da hat man sich mit Leuten angefreundet, die man wirklich mag und bringt sie mit nach Hause, schon haben sie sich auch mit deinem Zwilling angefreundet. Bei Treffen, Geburtstagsparty oä wird der Zwilling auch immer eingeladen, egal ob die Freunde ihn kennen, oder nicht. Man hat das Gefühl, als gäbe es beide nur im Doppelpack. Entweder beide oder keiner.

Das ist es auch, was ich so schlimm finde. Ich möchte so angesehen werden, wie ich bin. Denn nur weil ich ein Zwilling bin, heißt das noch lange nicht, dass ich die Kopie von meiner Schwester bin. Ich bin auch nicht ähnlich wie meine Schwester, denn ich bin ich und sie ist sie. Wir sind komplett unterschiedlich und ich wünsche mir, dass das akzeptiert wird. Irgendwann.

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